Rubrik Kultur auf dem Dreiecksplatz
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Foto: Christian Schröter, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Deele Gütersloh, »Reichsbürger« Vortrag geplant, vom Szenetreff zum Szenetreff
Gütersloh, 13. Oktober 2023
Die Deele an der Kirchstraße war früher eine der Ersten Adressen der Gütsler Gastronomie, als sich dort Horst Dieter Sieweke, bekannt vom Restaurant »Sinfonie« in der Stadthalle, betätigte. Das Lokal, das zum Alten Kirchplatz hin als »Apostel Weinstuben« firmierte, zur Kirchstraße hin als »Deele« war ein gehobener Szenetreff. Auf Sieweke folgten verschiedene Betreiber, zeitweise fanden dort kleine Konzerte statt, und es folgte Kochkünstler Michael Penno, der ein gehobenes Restaurant betrieb.
Ob es an der Lage lag oder am Zustand des Gebäudes – Pennos Deele wurde geschlossen. Schon zu seiner Zeit gab es Streitigkeiten in Sachen eines kuriosen »Wegerechts« durchs Deele Portal an der Kirchstraße zum Hinterhof eines Geschäfts in dem Gebäudekomplex.
Seit einigen Jahren wird darüber berichtet, dass der neue Inhaber Dimitrios Liolios die Deele saniert. Aktuell macht das Lokal allerdings wegen eines angekündigten Vortrags eines sogenannten »Reichsbürgers« Schlagzeilen, und Gütersloh echauffiert sich. Vor allem die »Grünen« wollen die Gütsler vor dem Vortrag bewahren, dessen Thematik die Veranstalter offenbar als »interessant« empfinden.
Zweifellos ist das, was die »Reichsbürger« von sich geben, nicht unoriginell. Bekannte Schlagworte sind »Deutschland GmbH«, die Annahme, Deutschland sei eine Firma, der Staat sei gar nicht existent, es gelte die Verfassung des Deutschen Reichs und ähnliche Kuriositäten. Dennoch dürfte jedem Gütsler klar sein, dass die »Reichsbürger« einem Irrglauben anheimgefallen sind, teils an gefährlichen Verwirrungen leiden. Manche versteigen sich Berichten zufolge aufgrund ihrer kontrafaktischen Annahmen dazu, das eigene Grundstück zu einem eigenen Königreich zu erklären, und sich selbst zum König ihres Gartens. Unter Umständen sogar mit eigenen »Dokumenten«, selbstgebastelten Schildern und ähnlichem Zubehör, das man als Staat so braucht. Das zu unterbinden ist in Erster Linie die Aufgabe das Staatsschutzes, weniger die der Gütsler Politik. Die »Reichsbürger« sehen ihre Annahmen teilweise durch aus dem Zusammenhang gerissene, dubiose Dokumente bestätigt, die sich leicht im Internet finden lassen. Ein Umstand, der als Beleg dafür dient, dass die Neue Medientheorie zutreffend ist – das #Internet liefert für alles einen #Pseudokontext. Nicht nur durch die verfügbaren Inhalte, sondern auch als Medium an sich – als »Multimedium« oder »Universalmedium«, zumal es im Gegensatz zu den klassischen Medien nicht kuratiert und kaum kontrolliert wird. Seit dem »Web 2.0« kann jeder mit ein paar Klicks mitmischen; seit der Einführung der Social #Media (auf Deutsch nicht »Soziale Medien« sondern eher »Onlinetreff« – das englische Adjektiv »social« heißt auf deutsch nicht »sozial« sondern »gesellig«) erreicht er damit unter Umständen sogar eine breite #Öffentlichkeit, denn diese Plattformen fördern Aufmerksamkeitsstarkes, Kontroverses und sorgen für eine Atmosphäre, in der #Mobbing nicht nur gedeiht, sondern geradezu eine Bedingung ist.
Der Amerikaner Seth MacFarlane hat das Thema in einer Folge von »The Orville« auf die Spitze getrieben und eine totale »Social Media« Demokratie illustriert, in der nicht Fakten, Wissen oder Erfahrung zählen, sondern ausschließlich Meinungen. »Und woher wisst Ihr, was das Richtige ist?« fragt MacFarlane in seiner Rolle als Captain Ed Mercer eine Bewohnerin des »Social Media Planeten«. »Das entscheidet die Mehrheit. Jeder muss doch eine Stimme haben!« was der Kaylonier »Isaac«, ein rein rationaler Androide, mit »Ihr verwechselt Meinungen mit Tatsachen« kommentiert. Mercer kommentiert es so: man wisse also, was die Mehrheit wolle. Er wisse auch, was der #Pöbel wolle.
Laut der Bielefelder Polizei hat der Staatsschutz im Kreis Gütersloh derzeit 65 Personen erfasst, die den Reichsbürgern zuzuordnen seien. Es handele sich meist um #Einzelpersonen und #Sympathisanten, daher könne man nicht von einer #Reichsbürger #Szene in #Gütersloh sprechen. Sie seien in den meisten Fällen durch ihr Verhalten bei polizeilichen Einsätzen und Verkehrskontrollen oder durch »typische Schreiben an Behörden und Firmen« aufgefallen.