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Die museumseigene Römertruppe des LWL Römermuseums mit Nils Benjamin Hahn (3. von rechts) bei einem ihrer Aufritte auf der Römerbaustelle Aliso, dem Gelände hinter dem LWL Römermuseum. Foto: P. Jülich, LWL, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Von Asterix und Obelix zur Halterner Römertruppe, LWL Römermuseum
Am Samstag, 6. August 2022. und Sonntag, 7. August 2022, ist es endlich wieder so weit: Nach vier Jahren Pause marschieren römische Legionäre an ihrer alten Wirkungsstätte, dem ehemaligen Römerlager in Haltern am See, auf. Mit dabei sind Marc Bühner und Nils-Benjamin Hahn, Mitglieder der XIX. Legion im Römermuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Im Interview erzählen sie, woher ihre Leidenschaft für die Römer stammt und warum Römer:in sein mehr ist als ein reines Rollenspiel. Bühner: »Mein 8 Kilogramm schweres Kettenhemd mit 14.000 Nieten habe ich in 400 Stunden in Heimarbeit per Hand hergestellt. Ich hatte unzählige Schwielen an den Händen.«
Welche Rollen nehmen Sie innerhalb der Gruppe ein?
Wir sind Sprecher der Gruppe. Vor allem aber üben wir eine römische Rolle aus. Dabei hat jede:r von uns eine spezielle handwerkliche Fähigkeit, in der er oder sie arbeitet – sei es Textilhandwerk, Lederhandwerk, Holzhandwerk oder Metallhandwerk. Ich bin der Optio unserer Einheit, der ersten Kohorte der XIX. Legion. Das heißt, ich bekleide einen niedrigen Offiziersrang.
Ich bin Cornicen, also der Hornbläser und für die Signalgebung sowie die akustischen Signale der Truppe verantwortlich. Mein Rang ist ebenfalls der eines Unteroffiziers. Insgesamt sind wir 20 Mitglieder, darunter 3 Frauen.
Welche historische Bedeutung hat die erste Kohorte der XIX. Legion?
Als Einheit der römischen Armee ist sie bis heute bekannt als eine der drei Legionen, die im Herbst 9 nach unserer Zeitrechnung in der #Varusschlacht von den #Germanen überraschend und vernichtend geschlagen wurde. Der Standort Haltern spielt dabei insofern eine Rolle, als von hier aus die Eroberung des gesamten Gebietes, auch die Varusschlacht, geplant und vorangetrieben wurde. Im Hauptlager von Aliso lebten bis zu 5.000 Legionäre.
Wie sind Sie zu der Römertruppe gekommen?
2018 hat das LWL Römermuseum den Aufruf »Aliso braucht dich« gestartet, um auf dem Gelände des ehemaligen Römerlagers Haltern eine eigene Truppe zu installieren. Wir erreichen natürlich nicht die Truppenstärke von vor 2.000 Jahren. Bis heute sind bei uns dieselben Leute dabei, die 2018 ausgewählt wurden. Seit knapp vier Jahren stellen wir gemeinsam unsere Ausrüstung her und haben als Gruppe zusammengefunden.
Inzwischen sind wir so weit, dass wir recht ansehnlich und repräsentativ das Museum auf dem Gelände des ehemaligen Römerlagers, aber auch bei externen Veranstaltungen vertreten können. Das geht so weit, dass wir bei der aktuellen Archäologischen Landesausstellung NRW in Haltern die Besucher als #Graffiti Darstellungen durch die Ausstellung führen.
Woher kommt Ihr Interesse für die Römer?
Bei vielen von uns kam der Erstkontakt über Asterix und Obelix . Ich habe als Kind oft das LWL-Römermuseum besucht und studiere inzwischen Alte Geschichte. Da bietet es sich geradezu an, das Ganze auch mal praktisch auszuprobieren. Ein besonderer Ansporn ist für mich die Verknüpfung mit römischem Handwerk. Wir verkleiden uns nicht nur als Römer und spielen eine Rolle, sondern tauchen tief in die Materie ein. Anhand historischer Quellen recherchieren wir, wie die militärische Ausrüstung vor 2.000 Jahren ausgesehen hat, und arbeiten sie dann mit möglichst authentischen Handwerkstechniken nach.
Auch bei mir war das Comicheft der Ausgangspunkt. Hinzu kommt, dass ich aus Haltern komme. Haltern und die Römer – das gehört zusammen. Zudem wohne ich auf einem ehemaligen römischen Feldlager. Was will man mehr!
Welche Bedeutung hat die Römertruppe für das LWL Römermuseum?
Wir halten jeden Sonntag von 11 bis 14 Uhr am Westtor unsere Mauerwache ab. Mal in größerer, mal in kleinerer Besetzung. Dort treffen wir uns auch untereinander. In unserer römischen Ausrüstung, die wir selbst anfertigen, erzählen wir den Besuchern, wie es vor 2.000 Jahren in Haltern zuging.
Das ist auch unser Alleinstellungsmerkmal als Gruppe: Wir haben uns in Workshops und Heimarbeit ein breites Spektrum an handwerklichen Fähigkeiten zugelegt. Angefangen beim Nähen einer Tunika per Hand über Schuhe und Gürtel aus Leder bis hin zu Schilden und aktuell Möbelbau. Viele Fähigkeiten haben wir erst in der Gruppe erworben und uns so in kurzer Zeit fast eine komplette Rüstung zusammengestellt. Natürlich stößt das #Hobby #Handwerk auch an seine Grenzen. Bei den Helmen haben wir Kontakt zu einem professionellen Metallhandwerker aufgenommen. Unsere Ausstattung ist nicht nur authentisch, sondern auch sehr hoch-wertig. Massenware ist schließlich nicht das, was man in einem archäologischen Museum erwartet.
Im Falle des Legionsadlers – er ist das Feldzeichen der XIX. Legion, das wir an den Römer-tagen zum ersten Mal präsentieren – war die komplette Herstellung mit historischen Handwerkstechniken nicht möglich. Er basiert zwar in der Darstellung auf historischen Vorlagen. Eine Feuervergoldung wie vor 2.000 wäre heute aber zu kostspielig. Trotzdem erlebt er am 6. und 7. August 2022 als authentisches Wahrzeichen der Truppe seine zeremonielle Weihe in römischer Manier. Mit seiner Flügelspannweite von mehr als 50, einer Höhe von 40 Zentimetern sowie seinem Gewicht von 7 Kilogramm plus Holzgestänge ist er wirklich beeindruckend. Unsere Adlerträger haben schon mit dem Krafttraining angefangen.
Wie reagieren die Besucher des LWL Römermuseums auf Sie?
Wir treten ja vor allem am Westtor auf, und durch uns wird die originalgetreue Rekonstruktion mit umliegender #Holz #Erde #Mauer und den Spitzgräben quasi lebendig. Die Besucher sind immer wieder begeistert, wenn wir ihnen als Römer die Geschichte des Standortes erzählen, den Alltag der Menschen vor 2.000 Jahren, aber auch unsere handwerklichen Arbeiten zeigen. Wir können bei ganz vielen unserer Ausrüstungsgegenstände sagen: »Das, was ich hier trage oder in der Hand halte, finden Sie als Fund in der Vitrine.« Besonders schön ist es dann, wenn uns Kinder ganz stolz bei ihrem nächsten Besuch in einer selbstgebastelten Rüstung gegenübertreten.
Die Besucher kommen oft mit einer bestimmten Vorstellung ins #Museum. Die passt aber nicht immer zu dem, was sie in Haltern sehen. Die römische Militärgeschichte ist vielfältig, wir stellen einen Teil, nämlich die augusteische Zeit, dar. Dabei sind wir immer auch bemüht, das Bild aus Asterix und Obelix zu korrigieren. Anhand der Funde aus Haltern, die ja im Muse-um zu sehen sind, können wir ganz genau erklären: Woher kommt was? Wie wurden welche Ausrüstungsgegenstände hergestellt? Warum stand das Westtor voraussichtlich schon vor 2.000 Jahren genauso an dieser Stelle? Was wissen wir sicher, was ist Spekulation?
Durch uns sehen die Besucher:innen die Funde mit anderen Augen, betrachten sie als unmittelbare Verknüpfung mit der Vergangenheit.
Welche Bedeutung hat für die Römertruppe das neue römische Wachhaus?
Zum einen freuen wir uns auf ein weiteres Gebäude, das wir bespielen können. Dadurch, dass es voll ausgestattet ist, können wir uns mit den Besucher:innen noch mehr austauschen und über die Funde, welche dort aufbewahrt sind, neue Ansatzpunkte in der Wissensvermittlung finden. Zum anderen betrachten wir das Gebäude als unser »Clubhaus«. Es verfügt über Betten und so haben wir endlich die Möglichkeit, am Museum zu übernachten, mehr Veranstaltungen länger durchzuführen. Auch für die Gruppendynamik ist das sehr wertvoll.
Früher fehlte bei schlechtem Wetter immer eine Unterstandmöglichkeit. Jetzt können wir mehr Aktivitäten vor Ort planen. Für die Besucher bedeutet das Wachhaus natürlich auch eine Attraktion mehr auf dem Gelände des LWL Römermuseums. Das Westtor kann man besteigen, hat eine wunderbare Aussicht, ins Wachhaus aber kann man hineingehen, Architektur und Einrichtung erleben.
Zum Teil haben wir die Möbel nach römischer Vorlage selbst angefertigt. Wir können unseren Besucher:innen die Räume und ihre Ausstattung also noch einmal mit einer ganz anderen #Expertise, quasi mit echtem technischen Know how näherbringen.
Welche Rolle spielen die Römertage?
Sie sind in der Region ein absolutes Veranstaltungshighlight und für uns als Römertruppe eine Premiere. Gemeinsam mit den Kollegen der Cohors III der Legio XIX aus Bergkamen und der I. Roemercohorte Opladen haben wir die Gelegenheit, eine große schlagkräftige Armee darzustellen.
Neben dem Aufmarsch demonstrieren wir natürlich auch unser handwerkliches Können. Wir bieten römisches Brot und weitere typische Speisen der Legionäre an. In einer Mitmachaktion, die wir gemeinsam mit den Museumspädagoen des LWL-Römermuseums starten, können Kinder bei uns ihr Legionärsdiplom ablegen. Das Hauptthema der diesjährigen Römer-tage ist aber sicherlich der Adler. Neben der #Feldzeichen #Weihe erwartet die Besucher auch eine Flugshow mit lebendigem Adler.
Zu den Personen
Marc Bühner arbeitet in der IT und ist Leiter im Bereich Projektmanagement Office. Seine Ar-beit sieht er konträr zu seinem Hobby und das sei genau das, was er gelegentlich brauche: »Die Römertage sind für mich wie ein digitales Detox-Wochenende, an dem ich allen multimedialen Versuchungen entsage, das Handy in der Tasche lasse und ein Wochenende im Zelt verbringe.«
Nils Benjamin Hahn studiert Musikwissenschaften und Alte #Geschichte im Zweifach Bachelor. »Weil das ›Römer Sein‹ auch ein sehr zeitintensives Hobby ist, machen wir viel gemeinsam. Da ist es wichtig, dass man ein freundschaftliches Verhältnis untereinander aufbaut.«
In der Römertruppe des LWL Römermuseums engagieren sich Menschen jeglicher Berufszweige von Studenten und Rentnern über promovierte Mediziner bis hin zu Handwerkern.
Nähere Informationen zur Römertruppe mit Steckbriefen der Mitglieder finden Sie hier …
Veranstaltungstipp »Römertage«
Am ersten August Wochenende, 6. und 7. August 2022, besetzen wieder die Römer das Gelände rund um das #LWL #Römermuseum in Haltern am See. Mit römischen Reitern, der großen Feldzeichen Weihe, einer Flugshow mit lebendigem Adler, und neuem Wachhaus erwartet die #Besucher ein Programm voller Höhepunkte. In der Probierküche und bei zahlreichen Handwerksvorführungen und Militärvorführungen tauchen sie tief ein in das römische Lagerleben vor 2.000 Jahren.