Innsbruck (ots) »Du verstehst das nicht!«, »Lass mich in Ruhe!« oder einfach Schweigen - wenn Kinder in die Pubertät kommen, haben viele Eltern das Gefühl, sie nicht mehr richtig greifen zu können. Die Corona-Maßnahmen, das instabile Schuljahr und der angespannte Arbeitsmarkt bedeuten zusätzlichen Stress für Familien. »Viele Eltern fragen sich: Wird mein Kind seinen Platz im Leben finden? Diese Sorgen sind nicht nur ganz normal, sondern auch wichtig. Denn sich zu sorgen, bedeutet, sich zu kümmern«, sagt René Huber, Leiter der Ambulanten Familienarbeit der SOS-Kinderdörfer in Tirol. Der SOS-Experte gibt Eltern folgende Ratschläge:
#1 - Die Zeiten ändern sich.
Die Welt und der Arbeitsmarkt haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Dadurch ergeben sich auch neue Nischen und Chancen. Wenn Sie Ihr Kind unterstützen wollen, reicht es nicht, sich an den eigenen Berufseinstieg zu erinnern, der Jahrzehnte zurückliegt. Finden Sie gemeinsam heraus: Welche Kompetenzen sind heute gefragt? Welche Ausbildungs- oder Einstiegsmöglichkeiten gibt es?
#2 - Du kannst so viel!
Überlegen Sie mit Ihrem Nachwuchs, was ihn interessiert. Wofür begeistert er sich, wo liegen seine Stärken und Schwächen? Niemand kann alles gleich gut. Es reicht, wenn man in den schwachen Fächern die Schule schafft. Viel wichtiger ist, die eigenen Stärken zu erkennen und zu überlegen, was man gut kann und worin man sich wohl fühlt. In diesen Bereichen kann man sich entfalten und vielleicht einen spannenden Weg für die Zukunft finden.
#3 - Ich bin für dich da.
Dass Jugendliche Bestätigung und Austausch mehr in der Clique suchen als in der Familie, ist wichtig. Daraus entstehen neue Erfahrungen und Ideen. Für Eltern ist es oft schwer, damit umzugehen: Wie soll ich meinem Kind zur Seite stehen, wenn es nicht mit mir redet? Bedrängen Sie Ihr Kind nicht, aber interessieren Sie sich dafür, wie es seine Tage verbringt und welche Themen es beschäftigen. Wenn Ihr Nachwuchs merkt, dass Sie für ihn da sind, wird er im Fall von Problemen zu Ihnen kommen. Es kann auch helfen, mit anderen Bezugspersonen wie Lehrer*innen oder Trainer*innen Kontakt aufzunehmen. Nachspionieren ist natürlich ein No-Go.
#4 - Aktiv bleiben
Auch wenn der Arbeitsmarkt gerade rau oder der Teenager unmotiviert ist, ist es wichtig, aktiv zu bleiben. Diese Aktivität können Eltern vorleben und dürfen sie auch von ihren Kindern einfordern. "Es ist nicht wichtig, ob du den Traumjob oder die Wunschausbildung heute bekommst - aber mach was!" Ferienjob, Praktikum und andere Möglichkeiten lassen sich finden. Wichtig ist, dranzubleiben. So lernt man Engagement und Durchhaltevermögen. Beides ist wichtig im Berufsleben.
#5 - Berechenbarkeit und Zuversicht
Egal, ob Jugendliche*r oder Kleinkind - Kinder sollten das Handeln der Eltern verstehen können. Wenn Sie Ihre Werte und Emotionen erklären, lernt Ihr Kind, sich dazu zu verhalten und sich an- oder aufzulehnen. Auch mögliche Konflikte werden dadurch konstruktiver gelöst. Neben dieser Berechenbarkeit brauchen Jugendliche Zuversicht. Wenn Erwachsene nur über Wirtschaft, Gesellschaft oder Politik schimpfen, werden auch die Kinder skeptisch oder resigniert. Leben Sie Ihnen aber ein positives Bild der Welt vor, bekommen sie Lust auf diese. Sie werden mutig und lernen mit Rückschlägen umzugehen. Es geht nicht um das Versprechen, dass alle alles erreichen können, wenn sie nur wollen. Es geht darum, zu zeigen, dass sich Einsatz lohnt, und es für alle ein schönes Plätzchen in der Welt gibt.
#6 - Das Heute nicht vergessen
Es ist verständlich, dass Eltern nervös werden, wenn sie an die Zukunft ihrer Kinder denken. Sie wünschen ihnen, dass sie den Sprung ins Erwachsenenleben gut schaffen. Diese Sorgen sollten allerdings nicht alles überschatten. Jugendliche haben ein Recht darauf, im Hier und Jetzt zu leben. Alle aktuellen Lebensaufgaben, die sie meistern, helfen dabei, ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Und dies ist das Rüstzeug für alles, was noch kommt.