Rubrik Kultur auf dem Dreiecksplatz
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Gütersloh, 15. Juni 2024
Der Begriff der »Toxischen Männlichkeit« ist hinlänglich bekannt und wird seit geraumer Zeit ohne Unterlass erwähnt. Männer sind demnach vor allem durch #Machtgebaren und physische #Aggressivität »#toxisch«; manche Frauen versteigen sich gar zu der Annahme, sie – also Frauen – seien die besseren Menschen. Mit ihnen in den ihnen zustehenden Machtpositionen gebe es keine Kriege, keine Gewalt, und sei die Welt eine bessere. Nicht wenige übertreiben es mit ihren Ambitionen und behaupten, es gebe beispielsweise überhaupt keine weiblichen Musiker – also Musikerinnen – und Frauen würden in bestimmten Bereichen nicht nur »strukturell«, sondern von »Toxischen Männern« systematisch und mit voller Absicht benachteiligt. Sie müssten um in gewisse Positionen zu gelangen, ein Mehrfaches dessen leisten, was Männer in denselben Positionen leisten müssten. Solche Behauptungen haben zweifellos einen wahren Kern, sind aber krass übertrieben, und verkennen, dass auch Männer in manchen Bereichen benachteiligt werden. Zudem wird bei dieser Argumentation Rosinenpickerei betrieben. Über eine mit denselben Argumenten vermeintlich belegbare Benachteiligung etwa bei Müllmännern beschwert sich niemand.
Toxische Weiblichkeit
Nicht nur Männer sind »toxisch«, alle Menschen sind unter Umständen »toxisch«, und somit auch Frauen. Männer tendieren zweifellos eher zu Machtgebaren und phyischer Gewalt. Ebenso tendieren Frauen allerdings zu psychischer Gewalt, passiv-aggressiver Gewalt und Reaktanz mit unter Umständen lebenslanger Ranküne, während sich Männer unter Umständen prügeln, und danach gemeinsam ein #Bier trinken. In Businesskreisen kursiert auch unter Frauen der Spruch, dass man einen unbeliebten Kollegen am einfachsten dadurch loswird, dass man ihn mobbt und behauptet, er sei nicht »teamfähig«, was dann vermeintlich dadurch »bewiesen« wird, dass er eben unbeliebt ist. In puncto Gehässigkeit, Unsachlichkeit und Moralismus sind Frauen Männern klar überlegen. Würden die Protagonistinnen dieses Toxizitiätsnarrativs behaupten, das seien lediglich Klischees, dann würden sie sich damit schwertun, zu widerlegen, dass die von ihnen erzählte »Männliche Toxizität« nicht ebenfalls lediglich ein Klischee ist. Beides ist freilich nicht der Fall, was aus der Verhaltensforschung an Menschen, aber auch an Tieren hinlänglich bekannt ist. Vor allem natürlich bei Primaten. Albert Einstein, dem wohl niemand absprechen kann, sehr klug gewesen zu sein, sagte, der beste Weg aus der Opferrolle sei es, mit Jammern aufzuhören. Derweil haben aktuelle Untersuchungen ergeben, dass Männer in Gefilden sehr hoher Intelligenz statistisch überrepräsentiert sind – in Gefilden sehr großer Dummheit allerdings ebenso. Von Naturvölkern und tribalistischen Gesellschaften kann man einiges lernen. Etwa kluge Konzepte wie bei den Eskimos – und dieser Begriff ist nicht diskriminierend (die »Inuit« sind beispielsweise nur ein Teil derer, die als »Eskimos« bezeichnet werden) – ist es üblich, dass derjenige, der beispielsweise eine erlegte Robbe portioniert, sich als letzter ein Stück nehmen darf. So wird quasi automatisch für Gerechtigkeit gesorgt.
#Moral und #Gerechtigkeit
Vielen ist nicht klar, dass es zwischen Moral und #Ethik einen großen Unterschied gibt. Bei Moral geht es um »gut« und »böse«, bei Ethik um »richtig« und »falsch«. Ebenso gibt es in der Geschichte keine klare, verständliche und plausible Definition von Gerechtigkeit. Es gibt aber nun doch eine klare und nachvollziehbare Definition: Gerechtigkeit ist, dass niemand aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, benachteiligt oder bevorteilt wird. Was allerdings dann zu den Fragen nach der Existenz des »Freien Willens« führt, was immer das überhaupt sein soll, und nach der Definition von Benachteiligung und Bevorteilung. Unter Umständen ist das, was der eine als Benachteiligung empfindet, aus Sicht des anderen eine Bevorteilung. Beispielsweise werden gutaussehende Menschen Untersuchungen zufolge als klüger wahrgenommen, was ungerecht ist. Andererseits entsteht bei Betroffenen unter Umständen der Eindruck, lediglich wegen ihres Äußeren als klüger wahrgenommen zu werden und nicht wegen ihrer tatsächlichen Klugheit. Derweil hält sich bekanntlich jeder für besonders klug und klüger als andere – je mehr, umso dümmer er ist. Bekannt ist dieses Phänomen unter anderem vom »Dunning-Kruger-Effekt«, wonach sich Menschen für umso kompetenter halten, je inkompetenter sie in Wahrheit sind.
Kompetent inkompetent
#Imperten sind das Gegenteil von Experten. Ihre besondere Kompetenz ist es, Unwissen authentisch zu »kommunizieren« und als Wissen darzustellen. Informieren bedeutet Wissen zu vermitteln. Imperten exformieren hingegen. Sie geben Unwissen weiter. Wissen ist kompliziert und kann nicht frei von Irrtümern sein. Der Wissensballast kann nicht fehlerfrei sein, und Irren ist daher eine funktionale Eigenschaft von Wissen, daher irren sich auch Experten – »Errare expertum est!« Nur die Imperten irren nie, weil Unwissen irrtumsfrei ist. Dazu sagte der Naturforscher und Philosoph Jean-Jacques Rousseau: »Das einzige Mittel, den Irrtum zu vermeiden, ist die Unwissenheit.« Dieses irrtumsfreie Unwissen, Alleinstellungsmerkmal und Erfolgsgeheimnis der Imperten, ist nicht angeboren. Die Imperten recyceln dazu die verbreitete Nichtbildung und das allgemeine Unwissen aus Gratiszeitungen, Interviews, Kommerzinfos, Nachrichtensendungen, Pressemeldungen und dergleichen mehr. Vor allem im Rahmen der fortschreitenden Dekontextualisierung ergibt sich immer mehr Unwissen, sprich: #Wissen ohne #Erfahrung oder ohne einen notwendigen Kontext ist meist wertlos, unter Umständen sogar brandgefährlich. Der Volksmund weiß das und kennt den Begriff »Fachidiot«.
One upper und Reaktanz
In westlichen Gesellschaften tendieren männliche Imperten dazu, sich als »One upper« zu gerieren. Auf Deutsch: Sie müssen immer noch einen draufsetzen. Wenn man ihnen beispielsweise eine Expertise als Texter andient, setzen sie einen drauf, indem sie behaupten, mit Corporate Wording zu arbeiten. Weibliche Imperten tendieren hingegen eher dazu, patzig oder persönlich zu werden, oder den vermeintlichen Angreifer mit Ignoranz und Verachtung zu strafen, und ihn für immer und ewig abzukanzeln. Wenig hilfreich ist in diesem Zusammenhang das Phänomen der Reaktanz, also der Drang, auf alles irgendwie reagieren zu müssen – schlechterdings in einer Form, die das eigene Ego stärkt oder erhöht, und das des anderen schwächt oder erniedrigt. Kluge Menschen wissen, dass man am meisten beim Zuhören lernt. Ein bekannter #Philosoph sagte, es sei ein großes Problem, dass wir nicht zuhören würden um zu lernen, sondern um zu antworten (zu argumentieren). Was eben das Prinzip der Reaktanz ist. Im Gegenzug zum »One upper« kann man auch vom »One downer« sprechen, der seinen Gesprächspartner runtermacht – durch »One upping« oder durch persönliche oder moralische Angriffe. Nicht nur in Schopenhauerschs »Eristischen Dialektik« werden zahllose Taktikten genannt. Aldous #Huxley sagte, es sei ihm fast ein wenig peinlich, der Menschheit nach Jahrzehnten der Forschung und Beschäftigung mit dem Thema keinen besseren Rat geben zu können, als einfach ein wenig netter zueinander zu sein.