Rubrik Kultur auf dem Dreiecksplatz
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Gütersloh, Grundlastfähigkeit, »Grüne« Energie, Strom und der Grid, Vince Ebert zum »Grid«
Grundlastfähigkeit ist die Fähigkeit eines Kraftwerks oder eines bestimmten Kraftwerkstypen, Strom ohne häufiger oder längere Unterbrechungen dauerhaft bereitzustellen. Grundlastfähig sind Kohlekraftwerke, Gaskraftwerke und Kernkraftwerke, aber auch Biomassekrafwerke und Biogaskraftwerke, Geothermiekraftwerke und fast alle Wasserkraftwerke an Flüssen. Bedingt grundlastfähig sind Pumpspeicherkraftwerke, Wellenkraftwerke und solarthermische Kraftwerke mit integriertem Salzspeicher. Durch die Installation eines Gasbrenners können auch Solarthermiekraftwerke grundlastfähig gemacht werden.
Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen sind wegen der schwankenden Stromerzeugung aufgrund nicht durchgehend scheinender Sonne und nicht durchgehend wehenden Windes nicht grundlastfähig. Bei zunehmendem Anteil der Stromerzeugung mit solchen Kraftwerken sind deshalb immer mehr Speicherkraftwerke notwendig. Diese können dann auch Mittellastaufgaben und Spitzenlastaufgaben übernehmen, was reine Grundlastkraftwerke nicht können.
Im Rahmen der Change Energy werden immer mehr volatile Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen errichtet. Im Grid muss zur Wahrung der Versorgungssicherheit eine genügend große gesicherten Leistung verfügbar sein, um die verbleibende »Residuallast« decken zu können. Wenn die gesicherte Leistung nicht durch ausreichend dimensionierte Speicherkraftwerke bereitgestellt werden kann, was aus Effizienzgründen erst für späte Phasen mit hohen Anteilen an erneuerbaren Energien am Strommix als erstrebenswert angesehen wird, muss sie durch grundlastfähige Kraftwerke bereitgestellt werden. Langfristig soll das durch Biomassekraftwerke und Geothermiekraftwerke stattfinden, allerdings geht man davon aus, dass dafür auf absehbare Zeit noch konventionelle Kraftwerke eingesetzt werden müssen. Als vielversprechende Brückentechnologie gilt der Einsatz von in Kraft Wärme Kopplung (KWK) betriebenen Gaskraftwerken und Blockheizkraftwerken mit Wärmespeicher, um den stromgeführten Betrieb dieser Anlagen zu ermöglichen. Diese Kraftwerke sind gut regelbar und bieten die nötige Flexibilität für einen Ausgleich der Schwankungen von Windenergie und Solarenergie. Durch einen Brennstoffwechsel von fossilem Erdgas auf Biogas und synthetisches Methan aus Power to Gas Anlagen können sie sukzessive auf erneuerbare Energiequellen umgestellt werden.
Grundlastfähige Kraftwerke sind etwas anderes als Grundlastkraftwerken. Die Grundlastfähigkeit ist ein technisches Kriterium, ein Grundlastkraftwerk eignet sich dazu vor allem aus ökonomischen Gründen, insbesondere wegen der spezifischen Kostenstruktur (Merit Order, sukzessive Zuschaltung immer teurer Kraftwerke bei erhöhtem Strombedarf). Grundlastkraftwerke sind teuer in der Errichtung, haben niedrige variable Betriebskosten (Brennstoffkosten), und werden möglichst durchgehend betrieben. Typische Grundlastkraftwerke sind Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke, die nicht schnell regelbar sein müssen, und Wasserkraftwerke. Auch die Windkraft zählt – obwohl sie nicht grundlastfähig ist – wegen der Kostenstruktur mit sehr geringen Grenzkosten zu den Grundlastenergien. Gaskraftwerke sind zwar grundlastfähig, werden aber wegen der hohen variablen Kosten bei gleichzeitig niedrigen Kosten für die Errichtung nicht als Grundlastkraftwerke eingesetzt, sondern in der Regel zur Deckung der Spitzenlast.
Vince Ebert zum »Grid«
»Den wenigsten ist klar, wie hochgradig sensibel unser Stromnetz ist. Es ist eines der kompliziertesten von Menschenhand geschaffenen geregelten Systeme. Allein das deutsche Netz hat eine Gesamtlänge von fast zwei Millionen Kilometern, was der fünffachen Entfernung von der Erde zum Mond entspricht. Fast 600.000 Transformatoren und Umspannstationen sorgen in unserem Land dafür, dass der Strom verlässlich aus der Steckdose kommt. Rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche, kümmern sich einige tausend Menschen nur darum, dass dieses Netz stabil bleibt und nicht zusammenbricht. Dazu muss permanent so viel Strom erzeugt werden wie gerade verbraucht wird. Ablesbar ist das an der bekannten Frequenz von 50 Hertz. Gibt es kurzfristig Überkapazitäten oder Unterkapazitäten, sinkt diese Frequenz etwas ab oder sie steigt an. Die Schwankungsbreite darf allerdings maximal 0,2 Hertz betragen. Jeder größere Ausschlag nach oben oder nach unten würde das gesamte System zum Kollabieren bringen. Genau das ist ein selten gehörtes Problem bei der Energiewende. Die Erneuerbaren haben keine netzstabilisierende Funktion. Im Gegenteil. Je höher der Anteil an schwankendem Windstrom und Sonnenstrom wird, umso instabiler wird das Netz. Denn sowohl Strommangel als auch Stromüberschuss kann das System kollabieren lassen. Mit jedem netzstabilisierenden Kraftwerk, das wir abschalten, steigen die Netzschwankungen weiter an. Aber mit diesen nervigen Zusammenhängen kann sich eine hippe Gesellschaft natürlich nicht beschäftigen. Es gibt schließlich Wichtigeres als Strom.«