Rubrik Kultur auf dem Dreiecksplatz
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Lesetipps für Gütersloh, Marvin Roth, »Area 51«
Marvin Roth ist in der Nähe von Frankfurt am Main geboren. Er lebte in den USA von 2001 bis 2011. Gemeinsam mit seiner Frau war er in der Immobilienbranche tätig. Sie beide führten eine internationale Maklerfirma, deren Büros in allen wichtigen Städten Floridas vertreten waren. Ihr Beruf brachte es mit sich, dass das Ehepaar mit einer Vielzahl von Menschen unterschiedlichster Couleur zusammentraf. Marvin Roth hatte stets ein offenes Ohr für deren Geschichten. Durch die vielen Städte, Dörfer und Landschaften, die Marvin Roth gemeinsam mit seiner Frau erkundete, nahmen diese Geschichten erst so richtig Gestalt an. Dieser Erfahrungsschatz ist es, aus dem Marvin Roth den Fundus für seine Romane bildet.
Das Gros seiner Storys spielt vor Ort in den USA. So auch in seinem Roman »Area 51«. Hier stehen die sogenannten »Outsider« im Fokus. Doch was ist das eigentlich, ein »Outsider«? Wer legt fest, wer dazu gehört? Roth bilanziert das Ergebnis dieser Fragestellungen als sehr ernüchternd. Eine Vielzahl von Menschen lebt in den USA nämlich komplett unter dem behördlichen Radar. Für den Staat sind diese Menschen faktisch nicht existent. Von einem Sozialstaat kann erst recht nicht die Rede sein. Doch diesen Außenseitern verleiht Roth in »Area 51« eine Stimme. So kommen Flüchtlinge aus Lateinamerika zu Wort, ebenso Obdachlose, die gezwungen sind, ihr Leben auf der Straße zu bestreiten. Das heißt, in »Area 51« gibt es nicht nur erfundene Geschichten. Marvin Roth betrieb stattdessen auch fundierte Recherche und bettet diese Recherchen in seine Fiktion ein. Mehr über den Entstehungsprozess rund um Area 51, verrät der Experte und Autor Marvin Roth gerne in folgendem Interview.
Herr Roth, in ihrem Roman Area 51 geht es auch um Flüchtlinge. Wie dramatisch haben Sie die Situation in den USA erlebt?
Nun, schon alleine an der Tatsache, dass der Roman als »Mystery-Thriller« firmiert, wo ich als Autor im Grunde nicht viel mehr unternommen habe, als die Realität aufzuschreiben, wie sie sich meiner Wahrnehmung darstellt, zeigt doch, wie dramatisch die Situation in den USA ist. Die Hölle, oder der Todestrakt meines Romans, ist in den USA quasi allgegenwärtig. Davon machen wir uns in unserem Sozialstaat, in unserer weitestgehend intakten Demokratie überhaupt keine Vorstellung. Wer in den USA nichts hat, ist auch im wahrsten Sinne des Wortes ein Nichts für den Staat. Und genauso werden die Menschen dort auch behandelt, eben nichts als Menschen, was mich unglaublich aufgeregt hat. Immerhin ist es mir gelungen, diesen Ärger in »Area 51« zu kanalisieren.
Nicht nur Flüchtlinge, auch Kriminelle spielen in dem Buch eine große Rolle. Und diese Kriminellen sind auch nicht gerade die unsympathischsten Charaktere.
Natürlich ist es nicht mein Anliegen, Kriminalität gutzuheißen. Aber warum sind Krimis im Fernsehen so beliebt, warum ist auch der Kriminalroman und insbesondere der Thriller eine derart beliebte Gattung? Nicht nur wegen der Spannung und nicht nur deswegen, weil vielen Menschen ihr normales Leben zu langweilig ist, so dass sie zu den Büchern greifen, die ihnen von einem Leben erzählen, dass Sie selbst nicht haben. Nein, oft sympathisiert der Leser auch bewusst oder unbewusst mit dem Kriminellen. Das kann verschiedene Gründe haben, zum Beispiel den, dass er sich einfach so über gesellschaftliche Normen hinwegsetzt. Wobei wir ganz schnell bei der Frage landen, wer wen als ‚kriminell‘ stigmatisieren darf. In den USA gelten viele Menschen als illegal, nur weil sie ins Land eingewandert sind. Ich bin auch in die USA eingewandert und zwar im Jahre 2001. Die Probleme, die viele Einwanderer insbesondere aus Lateinamerika haben, hatte ich damals nicht. Dennoch möchte ich diese Schwierigkeiten ansprechen und verstehe meine Bücher als Mittel, dieses zu tun. Sie sind mehr als nur bloße Unterhaltung.
Ohne zuviel von der Handlung aus »Area 51« vorwegnehmen zu wollen, geht es dort auch um Obdachlose, die auf mysteriöse Art und Weise nachts aus dem Park verschwinden, in dem sie schlafen. Ist das als eine Anspielung auf den schwer zu durchschauenden Staatsapparat zu verstehen?
Ich möchte meine Prosa nicht mit der von Franz Kafka vergleichen, wenn Sie das meinen. Aber die Problematik mit Obdachlosen ist in den USA ganz eklatant und vielen Verantwortlichen in der US-Regierung sind diese mittellosen Menschen auch ganz klar ein Dorn im Auge. In meinem Buch kommen alle diese sogenannten Außenseiter an einem Ort zusammen und solidarisieren sich. Es gibt ein Momentum des Widerstandes und des Aufbegehrens gegen die Macht, die sie an diesen Ort verfrachtet hat. Dann geht ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht auf. Ich wünsche mir, dass diese Menschen auch in der Realität eine Kraft aus dieser Gemeinsamkeit schöpfen können, so dass es immer weniger werden, die überhaupt in diese Lage geraten.
Fazit
»Area 51« von Marvin Roth ist mehr als ein Roman, mehr als ein Mystery-Thriller. Doch mit den Mitteln des Thrillers entwirft er ein Kaleidoskop des Außenseitertums in den USA und zieht damit die Leser in den Bann.