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Unzertrennlich: Brezel und Maurice Eschen, hier an seinem Arbeitsplatz im LWL-Inklusionsamt Soziale Teilhabe. Der Labrador kann für den LWL-Mitarbeiter zum Beispiel Türen öffnen und auch wieder schließen. Foto: LWL, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Streicheln im Dienst verboten

Münster (lwl). »Zieh« sagt Maurice Eschen und Brezel lässt sich nicht lange bitten. Der dunkelbraune Labrador nimmt die Seilschlaufe, die an der Bürotür hängt, in sein Maul und zieht, bis die Tür aufgeht. Eschen, der seit mehreren Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist, kann jetzt bequem auf den Flur rollen. Brezel folgt ihm sofort und holt sich seine Belohnung ab: ein kleines Hundeleckerli.

Seit rund eineinhalb Jahren sind der Vierbeiner und der Mitarbeiter des Inklusionsamtes Soziale Teilhabe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster ein Team, 24 Stunden am Tag. Brezel ist ein Assistenzhund und erleichtert dem 32-Jährigen Rheinenser das Leben. Auf Kommando öffnet der Hund Türen, drückt Fahrstuhlknöpfe, hebt alles auf, was Eschen benötigt: vom heruntergefallenen Papier über Stifte bis zum läutenden Handy. Den verlegten Schlüssel findet Brezel ohne Probleme. Und morgens auf dem Weg zur Arbeit stellt er sich in die Zugtür, damit Eschen mit seinem Rollstuhl in Ruhe einsteigen kann.

»Brezel schenkt mir mehr Unabhängigkeit«, sagt Eschen, der durch eine Schädigung am Rückenmark im Oberkörper eingeschränkt beweglich ist. Im LWL arbeitet er täglich am Computer und bearbeitet zum Beispiel Kostenzusagen für das ambulant betreute Wohnen von Menschen mit Behinderung. Der LWL-Mitarbeiter ist selbst fasziniert davon, was sein Vierbeiner bereits alles gelernt hat und freut sich jeden Tag aufs Neue über seine Begleitung: »Sowohl mein Körper als auch meine Seele profitieren von Brezels Nähe.«

Erster Assistenzhund in der LWL-Hauptverwaltung

Hunde am Arbeitsplatz sind normalerweise nicht üblich. Brezel ist jedoch ein besonderer Vierbeiner: Er hat als offiziell bestätigte und geprüfte »tierische Assistenz« Zugang zu allen öffentlichen Bereichen, auch dort, wo Haustiere sonst nicht zugelassen sind. »In Zusammenarbeit mit der Schwerbehindertenvertretung und meinen Vorgesetzten habe ich im Vorfeld alles besprochen. Das war sehr unkompliziert«, sagt Eschen. Und auch die Kolleg:innen wurden natürlich informiert. Brezel durfte schließlich im Alter von elf Wochen als erster Assistenzhund – damals noch in der Ausbildung – in der LWL-Hauptverwaltung mitarbeiten.

Streicheln nicht erlaubt

Dafür gelten einige Regeln: Damit sich der Labrador auf seine Aufgabe konzentrieren kann, darf er nicht angesprochen und gestreichelt werden. Immer wenn Brezel seine neongelbe Assistenzhund-Weste trägt, ist er im Dienst. »Einen niedlichen Welpen im Büro zu ignorieren, fiel natürlich den Kollegen oft sehr schwer«, erinnert sich Eschen. Doch mittlerweile ist es für alle ein gewohntes Bild, wenn er und Brezel als autonomes Team arbeiten. »Auch, wenn er kein Streichelhund ist, trägt mein Begleiter viel zum Gesprächsstoff in unserer Gruppe bei«, bemerkt er. Die Kolleg:innen nehmen Anteil. »Als Brezel jetzt einmal krank und ich alleine im Büro war, haben alle nach ihm gefragt«, so der LWL-Mitarbeiter, den man aber auch in Brezels Anwesenheit in seinem Büro besuchen kann. Ein Schild an der Tür weist darauf hin, wenn der Labrador ohne Dienstweste entspannt in seiner Gitterbox liegt. Dann ist das Hereinkommen erlaubt.

Ausbildung startet im Welpenalter

Eschen hat mit einer Trainerin für Assistenzhunde ausgiebig gesucht, bevor er Brezel gefunden hat. »Es ist wichtig, genau den Hund zu finden, der zu den Bedürfnissen der Behinderung passt«, sagt er. Abgesehen vom ausgeglichenen, zuverlässigen Wesen galt für Eschen die Vorgabe, dass sein künftiger Begleiter zum Beispiel keine Angst vor lauten Geräuschen oder verschiedenen Bodenbelägen haben sollte und geschickt darin ist, alle möglichen Objekte aufzuheben. Den Hund musste er selbst bezahlen, die Kosten für die Ausbildung übernahm die Krankenkasse.

Im Alter von rund drei Monaten begann dann für Brezel die Vorbereitung auf seine Aufgabe: Welpengruppe, Einzelstunden mit der Trainerin und eine Assistenzhundegruppe gehörten zum Programm. Eine Prüfung bestätigte schließlich seine Eignung als Assistenzhund. Die Trainingsstunden mit ihm setzt Eschen dennoch weiter fort.

»Mit eineinhalb Jahren ist Brezel jetzt in der Pubertät und schlägt, so gelehrig er auch ist, natürlich gerne einmal über die Stränge. Deswegen arbeite ich zum Beispiel mit ihm weiter an seiner Impulskontrolle«, sagt er. Liegen bleiben, wenn ein Ball vorbeirollt, Besucher:innen ignorieren und dem Jogger nicht hinterhersehen: Immer wieder übt Eschen mit Brezel solche oder ähnliche Situationen. Schließlich soll der Hund an allen Orten, die er besucht, ein zuverlässiger Begleiter sein. Schlechte Erfahrungen mit der Akzeptanz seines Assistenzhundes in öffentlichen Räumen hat er noch nicht gemacht. Im Gegenteil: »Ich wurde zum Beispiel neulich erst beim Bäcker für das gute Benehmen meines Hundes gelobt«, freut sich Eschen.

Zum Assistenzhundeleben gehört auch ein Feierabend: Wenn Maurice Eschen seinem Labrador nach der Arbeit abends zurück in Rheine die gelbe Kenndecke abnimmt, dann weiß Brezel: Jetzt ist Toben angesagt.

Hintergrund: Assistenzhunde

Assistenzhunde sind speziell ausgebildet, um Menschen mit chronischer Beeinträchtigung – also zum Beispiel bei einer Sehbehinderung, eingeschränkter Mobilität oder Epilepsie – beständig zu unterstützen. Sie leben dauerhaft bei ihrem Menschen und ermöglichen im lebenslangen Team ein mobileres und unabhängigeres Leben. Assistenzhunde haben laut Gesetz besondere Zutrittsrechte. Sie dürfen auch an Orte, wie zum Beispiel in den Supermarkt oder ins Kino, die normale Haushunde nicht betreten dürfen.

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