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Viel Lärm um wenig

Die Lokführergewerkschaft GDL hat als Reaktion auf die gescheiterten Tarifverhandlungen zu einer dritten Streikwelle aufgerufen. Der Konfrontationskurs der GDL zahlte sich bislang kaum aus: Die konkurrierende EVG erreichte in den vergangenen Jahren ähnlich hohe Löhne, musste dafür aber längst nicht so aggressiv auftreten.

Wer in diesen Tagen eine Reise mit dem Zug geplant hat, braucht viel Geduld: Die Lokführergewerkschaft GDL bestreikt neben Güterzügen auch den Personenverkehr im Nah- und Fernverkehr. Es geht um 3,2 Prozent mehr Lohn und um 600 Euro Corona-Prämie, aber auch um Einfluss im Unternehmen. Neue IW-Berechnungen zeigen nun, wie aggressiv die GDL im Vergleich zu der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verhandeln und streiken muss, um ihre Ziele zu erreichen. Nach Angaben der Deutschen Bahn kommen beide Gewerkschaften auf ein vergleichbares Lohnniveau: Die GDL erreichte seit 2007 Lohnsteigerungen von insgesamt 48,1 Prozent, die EVG kommt sogar auf 50,5 Prozent.

Konfliktfreudige GDL

Allerdings tritt die GDL im Vergleich zur EVG deutlich lauter und aggressiver auf. Seit 2007 verhandelte sie in zehn Tarifrunden im Durchschnitt 9,6 Monate, während die EVG in insgesamt 14 Runden schon nach 5,8 Monaten fertig war. Beide Gewerkschaften beschränkten sich nicht auf Verhandlungen, sondern drohten auch mit Streiks, brachen Verhandlungen ab oder riefen zu Warnstreiks auf. Die GDL ging sogar noch weiter: Sie rief mehrfach zur Urabstimmung auf und führte vier unbefristete Streiks, während die EVG auf die maximale Eskalation verzichtete und bei völlig festgefahrenen Verhandlungen auf die Schlichtung setzte. Überträgt man die Eskalationsstufen in ein Punktesystem, summieren sich die verschiedenen Konflikthandlungen der GDL je Konflikt im Durchschnitt auf 23,7 und bei der EVG auf 6,4 Punkte. Damit muss die GDL 1,6-mal so lange verhandeln und fast viermal so viel Krawall machen wie die EVG, um zu vergleichbaren Lohnabschlüssen zu kommen. Eine positive Streikrendite sieht anders aus.

Kampf um die Vorherrschaft

Natürlich ist nicht auszuschließen, dass auch die EVG von dem aggressiven Auftreten der GDL profitieren konnte, beispielsweise, weil die Deutsche Bahn der EVG mehr Zugeständnisse gemacht hat, um ihre Beschäftigten möglichst gleich zu behandeln, unabhängig davon, wo sie organisiert sind. Und es gehört natürlich auch zur Wahrheit, dass die GDL als kleinere Gewerkschaft immer wieder um ihren Status als Tarifverhandlungspartner kämpft – es geht also nicht nur um Lohnprozente, Arbeitszeiten oder Beschäftigungspakte. Im laufenden Konflikt hat sich die GDL jedoch ohne Not in die Bredouille gebracht. Hätte sie 2020 nicht die Schlichtung platzen lassen, hätte der 2015 vereinbarte Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen, der Ende 2015 auslief und der GDL ihren Status im Konzern sicherte, rechtzeitig verlängert werden können. Die GDL wollte aber mehr, lehnte den Schlichterspruch ab und landete unweigerlich in einem unbefristeten Arbeitskampf. Man darf gespannt sein, wie hoch dessen Rendite am Ende ausfällt.

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