Rubrik Kultur auf dem Dreiecksplatz
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Frankfurt am Main (ots) Traditionell zur Bundestagswahl befragt der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) die im Bundestag vertretenen Parteien zu aktuellen berufspolitischen tierärztlichen Themen, dieses Jahr unter anderem, ob sie eine Kategorisierung von Antibiotika, wie sie von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) für Menschen und Tiere vorgeschlagen wird, befürworten. Erfreulich ist, dass bis auf die SPD, die bislang nicht geantwortet hat, alle angefragten Parteien den von der EU-Kommission vorgelegten wissenschaftlich fundierten Vorschlag der EMA für die Kategorisierung der Antibiotika unterstützen, der in Abstimmung mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dem Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), der Welttiergesundheitsorganisation (OIE) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erarbeitet wurde.
»Die klaren Aussagen der Bundesparteien zu dem in der Diskussion stehenden Nachfolgerechtsakt zur EU-Tierarzneimittelverordnung 2019/6 sind ein deutlicher Fingerzeig und bestärken uns in unserer Forderung gegenüber dem EU-Parlament, den rechtssystematisch abgeklärten EMA-Vorschlag in der Sitzung Mitte September anzunehmen«, erklärt bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder.
Mitte Juli stimmte der zuständige Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des EU-Parlaments gegen den von der EU-Kommission vorgeschlagenen delegierten Rechtsakt über "Kriterien für die Einstufung antimikrobieller Mittel, die für die Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten sind". Mehrheitlich im Ausschuss angenommen wurde dagegen ein vom zuständigen ENVI-Berichterstatter, Martin Häusling (MEP, Bündnis90/Die Grünen), eingebrachter Entschließungsantrag mit dem Ziel, die Kriterien noch strenger zu gestalten und so ein weitreichendes Verbot des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren durchzusetzen. "Selbstverständlich sind auch wir für einen restriktiven Antibiotikaeinsatz in Veterinär- und Humanmedizin, doch hier geht es darum sicherzustellen, dass jedes Tier auch weiterhin behandelt werden kann, wenn es krank ist", stellt Moder fest. »Die Abgeordneten haben offensichtlich verkannt, dass Antibiotikaklassen, die auf die Reserveliste gesetzt werden, nicht nur für lebensmittelerzeugende Tiere verboten werden, sondern für alle Tierarten, sofern nicht gleichzeitig die bereits vor zwei Jahren in Kraft getretene EU-Tierarzneimittelverordnung noch kurzfristig vor dem Start am 28. Januar 2022 geändert wird.«
Die Direktorin der Generaldirektion Gesundheit (DG SANTE) in der EU-Kommission, Dr. Sabine Jülicher, hatte darauf bereits bei der Anhörung im Europaparlament am 28. Juni hingewiesen: »Wenn dieser Wirkstoff auf der Liste der Reserveantibiotika für Menschen ist, dann ist er den Menschen vorbehalten und darf dann in keiner Tierart verwendet werden. Es ist also ein entweder oder.« Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium und viele seit Jahren mit der Gesetzgebung vertraute Verbände teilen diese Einschätzung. »Nehmen die EU-Parlamentarier in ihrer Sitzung Mitte September also den ENVI-Antrag ohne die notwendigen umfangreichen Änderungen in der EU-VO 2019/6 an, geschieht genau das, was wir befürchten«, erläutert Moder. »Wesentliche Wirkstoffe gehen dann für die Veterinärmedizin verloren und die direkten Folgen – insbesondere für die Behandlung von vielen Tierarten, wie Meerschweinchen, Exoten, Zootieren, Pferden und viele andere – wären dramatisch. Es entstünde sogar die abstruse Situation, dass Nutztiere noch über Jahre bis zum Entzug der Marktzulassungen der betreffenden Wirkstoffe wie bisher behandelt werden könnten, die anderen Tierarten jedoch schon ab dem nächsten Jahr dem dann schon greifendenden Umwidmungsverbot unterlägen und nicht mehr behandelt werden könnten. Grund dafür: Das Umwidmungsverbot greift sofort, wenn entsprechende Wirkstoffe nach dem jetzt diskutierten delegierten Rechtsakt für die Humanmedizin reserviert werden«, so Moder. »Vor allem drängt sich jedem, der die EU-VO 2019/6 im Detail kennt und die Diskussion in den vergangenen zehn Jahren begleitet hat, die Frage auf, wie alles Notwendige in nur vier Monaten bewerkstelligt werden soll, damit es nicht zum Therapienotstand in der Veterinärmedizin kommt.«