Rubrik Kultur auf dem Dreiecksplatz
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Verbraucher dürfen die Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen von Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben im Internet veröffentlichen. Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Schweinfurt vom 12. August 2021. Nach Auffassung des Gerichts haben Unternehmen keinen Anspruch darauf, negative Kontrollberichte von der Online-Plattform »Topf Secret« löschen zu lassen. Das »Informationsinteresse der Öffentlichkeit« sowie das »Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit« überwiegen die »unternehmensbezogenen Interessen« des Gewerbetreibenden, heißt es in dem Urteil.
»Wer einen Ekel-Betrieb führt, muss sich negative Berichterstattung gefallen lassen. Die Entscheidung aus Schweinfurt stärkt die Stellung der Verbraucher, die von ihren Grundrechten auf Informations- und Meinungsfreiheit Gebrauch machen«, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei der Verbraucherorganisation Foodwatch. »Anstatt viel Geld für Anwälte und Gerichtskosten zu bezahlen, sollten die Schmuddel-Betriebe besser in Sauberkeit und Personal investieren – dann kommt es gar nicht erst zu negativen Kontrollergebnissen.«
In Deutschland wird nur ein Bruchteil der Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen aktiv durch die Behörden veröffentlicht. Auf »Topf Secret« ist es für Bürgerinnen und Bürger seit Januar 2019 möglich, auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) amtliche Kontrollergebnisse abzufragen – auch solche, die die Behörden bislang geheim halten. Mittlerweile wurden über »Topf Secret« mehr als 50.000 Anträge gestellt. Mehr als 10.000 Kontrollberichte wurden seitdem von den Antragssteller*innen veröffentlicht.
Im konkreten Fall hatte eine Verbraucherin am 10. Juli 2019 über »Topf Secret« Hygiene-Kontrollberichte des Feinkostgeschäfts und Cateringservice »Kulinario« in Schwebheim bei Schweinfurt beantragt. Drei Monate darauf erhielt sie vom Landratsamt Schweinfurt zwei Kontrollberichte und veröffentliche diese auf der Online-Plattform. Die Berichte listen zahlreiche Hygiene-Mängel und andere Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorgaben auf.
Der Betrieb mahnte die Verbraucherin daraufhin per Anwaltsschreiben ab. Die Betreiber von »Topf Secret« – Foodwatch und die Transparenz-Initiative »FragDenStaat« – stellten der Verbraucherin eine anwaltliche Vertretung zur Seite und übernahmen alle Kosten. Nachdem der Betrieb nicht von seiner Forderungen zurückwich, erhob die abgemahnte Verbraucherin eine sogenannte Feststellungsklage, um aktiv eine gerichtliche Klärung des Falls herbei zu führen.
Es ist die erste Entscheidung eines Zivilgerichts zur Frage, ob Unternehmen einen Anspruch auf Löschung negativer Kontrollberichte auf der Plattform »Topf Secret« haben. Ein weiteres Verfahren ist beim Landgericht Köln anhängig.
Nach dem Start von »Topf Secret« im Jahr 2019 hatten zunächst hunderte Betriebe, viele auf Betreiben des DEHOGA, verwaltungsrechtlich versucht, die Herausgabe der Kontrollberichte durch die Behörden zu verhindern. Diese Klagewelle bei den Verwaltungsgerichten blieb jedoch ohne Erfolg. Mit dem VGH Mannheim, VGH München, OVG Niedersachen, OVG NRW und OVG Berlin-Brandenburg stellten gleich fünf Oberverwaltungsgerichte klar, dass die Behörden zur Auskunft der Kontrollergebnisse verpflichtet sind – auch wenn die Anträge über die Plattform »Topf Secret« gestellt wurden.