Die »Fear of missing out« (deutsch: Angst, etwas zu verpassen, Akronym FoMO) ist eine Form der gesellschaftlichen Beklemmung, Angst oder Besorgnis. Das Phänomen beschreibt die zwanghafte Sorge, eine soziale Interaktion, eine ungewöhnliche Erfahrung oder ein anderes befriedigendes Ereignis zu verpassen und nicht mehr auf dem Laufenden zu bleiben. Dieses Gefühl geht besonders mit modernen Technologien wie Mobiltelefonen und sozialen Netzwerken einher bzw. wird von diesen verstärkt.
FoMO kann in zwei unterschiedlichen Formen in Erscheinung treten: ohne und in Verbindung mit technischen Geräten.
Ohne technische Geräte
Die Angst, etwas zu verpassen, ist so alt wie die Gesellschaft. Menschen organisieren sich in Gruppen, sind aber nur temporär Teil davon. Gruppenzugehörigkeit ist ein menschliches Bedürfnis, sodass das Gefühl, zu fehlen, unangenehm werden kann. Der Psychologe und Verhaltensforscher Dan Ariely von der Duke University bezeichnet das Phänomen als die Befürchtung, falsche Entscheidungen darüber zu treffen, wie man seine Zeit verbringt, und so eventuell die beliebtesten Partys, die lustigsten Aktionen oder die besten Erfahrungen zu verpassen. Das führt zu einer ständigen inneren Unruhe, zu einem Hetzen von Ereignis zu Ereignis. Häufig ist ein ständiger Blick auf die Uhr zu beobachten und die Sorge, man könnte woanders etwas verpassen. So geht mit dem Phänomen oft der Verlust der Fähigkeit einher, Dinge zu genießen.
In Verbindung mit technischen Geräten
In seiner Erscheinungsform in Verbindung mit technischen Geräten bezeichnet FoMO den Druck, ständig im Netz dabei sein zu müssen, um keine Erfahrung oder Begegnung zu verpassen. Dieses seit jeher existierende Gefühl hat sich in den letzten Jahren unter dem Einfluss der digitalen Medien und mobilen Kommunikationsmittel verstärkt. Medien sind jederzeit zugänglich und machen die Gesellschaft zeit- und ortsunabhängig erreichbar. Social Media geben schneller und tiefer Einblick in das Leben der Freunde und Bekannten, als das sonst möglich wäre. Über ständige Statusupdates lassen sich Nutzer von Facebook, Twitter & Co. über die Aktivitäten ihrer Freunde informieren. Verhaltensforscher glauben, dass die Angst, wichtige Dinge zu verpassen, dadurch steigt. Außerdem bieten die sozialen Netzwerke die Möglichkeit für einen ständigen Vergleich mit anderen. Experten nehmen an, dass hinter dem Phänomen eine Überforderung steckt, denn die Menge an Information, die man über soziale Netzwerke erhält, ist zu groß. FoMO tritt sowohl bei Menschen auf, die nur gelegentlich soziale Netzwerke verwenden, als auch bei jenen, die sie exzessiv nutzen. Der Zustand wird häufig als ein Syndrom für das kommunikations-beherrschte Zeitalter angesehen.
Für Aufregung sorgte im Vorfeld die ab 2022 gültige »Spielstörung« (»gaming disorder«) im ICD 11-Katalog der weltweit normierten Krankheiten durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). So warnte ein Psychologe an der Universität Oxford in einem offenen Brief mit rund 30 Kollegen vor dieser Klassifizierung: »Es besteht das Risiko, dass solche Diagnosen missbraucht werden. Es ist zu prüfen, ob bei exzessiv spielenden Patienten nicht eher zugrundeliegende Probleme wie Depression oder soziale Angststörungen behandelt werden müssen«, so ein offener Brief von Andy Przybylski. Die Gegenmeinung vertritt Vladimir Poznyak vom »WHO-Programm Suchtmittelmissbrauch« laut Deutsche Presse-Agentur: »Es gibt klare Grenzen zwischen normalem Spielen und Spielsucht. Im ICD-11 würden drei Kriterien genannt werden: entgleitende Kontrolle etwa bei Häufigkeit und Dauer des Spielens, wachsende Priorität des Spielens vor anderen Aktivitäten und Weitermachen auch bei negativen Konsequenzen«, so Vladimir Poznyak, WHO.
Auch in Bezug auf Smartphones wurde das Konzept der Fear of missing out wissenschaftlich untersucht. So wurde FoMo als potenzielle Ursache von unaufmerksamem Gehen und Unfällen von Smombies im Straßenverkehr vorgeschlagen. Studienergebnisse legen nahe, dass FoMO, unabhängig von Alter und Geschlecht, sowohl unaufmerksames Gehen, die Tendenz, sich auf virtuelle soziale Interaktionen während des Gehens einzulassen als auch gefährliche Unfälle im Straßenverkehr bedingt.
Symptome
FoMO kann sich beispielsweise wie folgt bemerkbar machen: Man ist traurig, wenn Freunde sich treffen und Spaß haben und man nicht dabei ist. Man hat Angst, dass die Erfahrungen von Freunden oder anderen Menschen besser sind als die eigenen. Man fühlt sich unruhig und nervös, wenn man nicht weiß, was die Freunde im Moment treiben. Wenn man etwas unternimmt, möchte man es anderen online mitteilen, zum Beispiel auf Social-Media-Plattformen. Man ist sehr häufig und gewohnheitsmäßig in sozialen Netzwerken, auch während des Essens oder in Gesellschaft. Man hat Konzentrationsprobleme beim Lernen oder Arbeiten, weil man den Drang verspürt, dort online zu sein. Man hat während des Autofahrens das Bedürfnis zur Handynutzung.
Behandlung
Um dem Phänomen entgegenzuwirken, muss zunächst erkannt werden, dass Medien problematisch genutzt werden. Die Mediennutzung muss also reflektiert werden, mit Fragen wie: Waren das heute wirklich wichtige Neuigkeiten, oder war es eine sinnlose Ablenkung? Im zweiten Schritt kann man die Ablenkung gegebenenfalls verringern, indem man Benachrichtigungen (Notifications) abstellt, das Handy auf stumm schaltet oder Ähnliches. Wenn die Nutzung von technischen Geräten nicht reduziert werden kann – beispielsweise für die Arbeit – können Kommunikationsprozesse optimiert und effizienter gestaltet werden. Die E-Mail enthält beispielsweise nur noch die wichtigsten Informationen oder man greift zur schnelleren Lösung: dem Telefon. Helfen kann auch eine Automatisierung von Abläufen, beispielsweise durch »Social-Media-Öffnungszeiten«. So können Nachrichten gesammelt und damit schneller gelesen und beantwortet werden. Um die Angst zu bekämpfen, sind Erkenntnis und Selbstbeherrschung notwendig.
Epidemiologie
Eine Untersuchung der internationalen Werbeagentur JWT Intelligence ergab, dass soziale Netzwerke das Phänomen FoMO verstärken, dass junge Menschen stärker von FoMO betroffen sind als ältere und dass junge Männer stärker betroffen waren als junge Frauen. Die Studie ergab weiterhin, dass FoMOtiker häufiger als andere Menschen negative Gefühle bei der Benutzung von Facebook erleben. Außerdem waren laut der Studie Menschen stärker betroffen, die mit ihrem Leben und der Erfüllung ihrer Bedürfnisse weniger zufrieden waren.