Seit dem Wintersemester 2018/2019 studiert die Bulgarin Mihaela Kalcheva Wirtschaftspsychologie, einen der begehrtesten Studiengänge an der FH Bielefeld, Foto: FH Bielefeld, Patrick Pollmeier, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
Ehrenamtlich engagiert und Spitzenleistungen im Studium
Bielefeld (fhb). Durch das große Fenster scheint die Sonne auf den kleinen Holzschreibtisch. Auf dem Laptop läuft die Aufzeichnung einer Wirtschaftsvorlesung mit kompliziert klingenden Begriffen und Diagrammen. Daneben eine dicke Ausgabe des BGBs, in dem unzählige bunte Zettel die wichtigsten Paragraphen markieren. An diesem Schreibtisch in ihrem 18 Quadratmeter großen Zimmer im Studierendenwohnheim lernt Mihaela Kalcheva mittlerweile seit mehr als zwei Jahren.
Schon lange hatte die 20-Jährige aus Klissura, einer Kleinstadt mit 1000 Einwohnern im Zentrum Bulgariens, den Wunsch, in Deutschland zu studieren. Neben dem Deutschunterricht an ihrer Schule belegte sie seit 2016 zusätzliche Deutschkurse an einem Sprachzentrum. Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt: Im Sommer 2018 erhielt sie einen Studienplatz im Bachelorstudiengang Wirtschaftspsychologie, einer der begehrtesten Studiengänge an der Fachhochschule (FH) Bielefeld. All das erzählt sie in einwandfreiem Deutsch.
Über Amrum nach Bielefeld
Ein paar Jahre zurück: Nach ihrem Schulabschluss sucht Mihaela Kalcheva zunächst nach einem Ferienjob in Deutschland, um „die deutsche Mentalität besser kennenzulernen“. Für eine Saison arbeitet sie als Fischverkäuferin auf der Nordseeinsel Amrum. Damals wusste sie jedoch noch nicht, ob sich auch ihr Wunsch, in Deutschland zu studieren, erfüllen wird. An insgesamt drei deutschen Hochschulen bewirbt sie sich – und erhält für alle die Zusage.
Warum fiel die Wahl auf die FH Bielefeld und den Studiengang Wirtschaftspsychologie? „Die Inhalte des Studiengangs passten einfach perfekt zu meinen Interessen“, sagt Kalcheva, die in Bulgarien ein Handelsgymnasium mit dem Schwerpunkt Bankwesen besuchte. „Ich fand es immer schon spannend zu verstehen, wie Menschen denken. Und auch, was sie konkret in wirtschaftlichen Zusammenhängen bewegt.“
Trotz aller Motivation waren die ersten Semester herausfordernd. Die Sprachbarriere machte das ohnehin anspruchsvolle Studium nicht leichter. „Aber ich wollte nicht nur auswendig lernen, sondern auch begreifen, was ich eigentlich lerne“, so Kalcheva. Immer noch erinnert sie sich an die Aussage eines Professors nach einer mündlichen Prüfung im zweiten Semester: „Er sagte mir, dass er das Gefühl hatte, mit einer Fachfrau zu sprechen und nicht mit einer Studentin. Das hat mich wahnsinnig motiviert und gezeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“
DAAD-Preis für internationale Studierende
Das Engagement der Studentin blieb auch an anderen Stellen an der FH Bielefeld nicht unbemerkt. Professor Dr. Bodo von Rüden fiel die motivierte Studentin in einem Seminar auf und bot ihr die Stelle als Tutorin für seine Lehrveranstaltungen an. Neben ihren überdurchschnittlichen Leistungen im Studium ist Prof. von Rüden aber vor allem von der Lebensgeschichte seiner Studentin beeindruckt: „Anzuerkennen ist, dass Mihaela Kalcheva das alles nicht in den Schoß gefallen ist, sondern nur durch eine immense Motivation, viel Arbeit und Beharrlichkeit erreicht werden konnte.“ Aus diesem Grund nominierte er sie für den diesjährigen Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) der FH Bielefeld.
Der mit 1.000 Euro dotierte DAAD-Preis wird seit über 20 Jahren an deutschen Hochschulen verliehen. „Dabei steht aber nicht nur die finanzielle Unterstützung der Preisträgerinnen und Preisträger im Vordergrund“, erklärt Hannah Möhring, Mitarbeiterin im International Office der FH Bielefeld und Ansprechpartnerin für internationale Studierende. „Mit dem Preis zeigen und würdigen wir die wirklich beeindruckenden Leistungen und das Engagement unserer Studierenden. Außerdem soll der Preis auch andere zum Erfolg im Studium und ehrenamtlichen Engagement motivieren.“
Ehrenamt in Bulgarien und Bielefeld
Ehrenamtliches Engagement ist für Mihaela Kalcheva selbstverständlich: „Es ist doch großartig, wenn man andere Menschen mit Kleinigkeiten glücklich machen kann und sieht, wie ihre Augen strahlen.“ Dass Ehrenamt für sie eine Herzensangelegenheit ist, zeigt ihr Lebenslauf: Schon in ihrer Schulzeit nahm sie an Konzerten und Aufführungen für Senioren und Seniorinnen teil und verteilte Essen an sozial schwache und kranke Menschen. In den letzten Jahren arbeitete sie außerdem ehrenamtlich in einem Museum in ihrem Heimatland und erstellte unter anderem Vorträge für die deutsch sprechenden Besucher und Besucherinnen oder unterstützte bei der Pflege der Museumsparzelle.
Auch an der FH engagiert sie sich ehrenamtlich und betreut im „Buddy-Programm“ derzeit eine französische Studentin, die ein Auslandssemester an der FH Bielefeld absolviert. Mihaela Kalcheva holte sie bei ihrer Ankunft am Bahnhof ab, half mit dem Mietvertrag und unterstützt sie weiterhin bei allen Fragen rund um Studium und Leben in Bielefeld. Wie wichtig Hilfsbereitschaft ist, merkte die Studentin auch, als sie im vergangenen Jahr an Covid-19 erkrankte: „Ganz plötzlich kann man auf die Hilfe anderer angewiesen sein. Es ist wichtig, dass wir uns umeinander kümmern!“
17 Stipendien für internationale Studierende der FH Bielefeld
Offiziell überreicht bekommen hat Mihaela Kalcheva den DAAD-Preis bei der digitalen Stipendienfeier der FH Bielefeld am 3. Mai. Insgesamt wurden dort 17 Förderungen an internationale Studierende vergeben. Beim Jahresempfang des Vereins zur Förderung internationaler Studierender in Bielefeld (ViSiB) wurde die Familie Böllhoff auf die Notwendigkeit zusätzlicher Förderung aufmerksam. Die Familie stellt aus diesem Grund in diesem Jahr zwei Jahresstipendien zur Verfügung.